I. Gesetzliche Grundlage

Gesetzliche Grundlage für die Finanzierung auch der „rechtswidrigen“ Abtreibungen bildet das „Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen“ (SFHG), das am 1. Januar 1996 in Kraft getreten ist.

Das „Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen“ (SFHG) war 1995 vom Bundestag erlassen worden, nachdem das Bundesverfassungsgericht die vorausgegangene Finanzierung „rechtswidriger“ Abtreibungen durch die Krankenkassen in seinem Urteil vom 28. Mai 1993 für verfassungswidrig erklärt hatte.

Nach dem SFHG hat eine Frau – unabhängig vom Einkommen des Kindsvaters – Anspruch auf die Übernahme der Kosten einer Abtreibung, „wenn ihr die Aufbringung der Mittel für den Abbruch einer Schwangerschaft nicht zuzumuten ist und sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat“. Das ist nach § 1 Abs. 2 der Fall, wenn „die verfügbaren persönlichen Einkünfte der Schwangeren monatlich“ derzeit nicht 912 Euro in den neuen Bundesländern und 961 Euro in den alten Bundesländern (Stand 01.07.2003) übersteigen. Das entspricht einem Bruttoeinkommen von rund 1400 Euro. Die Einkommensgrenze wird jährlich zum 1. Juli entsprechend der Rentenerhöhung angepasst. Sie erhöht sich um jeweils 225 Euro beziehungsweise 227 Euro für jedes unterhaltspflichtige Kind.

 

II. Umfang der Finanzierung aus Steuergeldern

Bis Ende des Jahres 2002 haben die sechzehn deutschen Bundesländer zusammen über 250 Millionen Euro für die Finanzierung von „rechtswidrigen“, aber „straffreien“ Abtreibungen ausgegeben. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Hubert Hüppe hervor (Bundestagsdrucksache 15/1556 S. 67 – 69).

Danach haben die Länder seit 1996 den Krankenkassen Kosten für die Tötung von 810.947 Kindern in einer Höhe von 250.532.352,60 Euro erstattet. Das sind 90,3 Prozent der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden gemeldeten Abtreibungen, die nach der so genannten „Beratungsregelung“ durchgeführt worden sind. Die durchschnittlich erstatteten Kosten für eine Abtreibung belaufen sich danach auf 308,94 Euro.

Laut den Journalisten Stefan Rehder und Veronika Blasel haben die zuständigen Stellen in den Bundesländern allein 2002 mit mehr als 40 Millionen Euro die Finanzierung von „straffreien“ aber „rechtswidrigen“ Abtreibungen subventioniert.

In den allermeisten Bundesländern werden die Kosten der nach § 218 a Abs. 1 durchgeführten Abtreibungen von den zuständigen Landesämtern erstattet. In Bremen erfolgt die Erstattung über den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, in Schleswig-Holstein über das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz.

Die Übernahme der Kosten muss von der abtreibungswilligen Schwangeren bei der Krankenkasse beantragt werden. Liegen die „Voraussetzungen“ vor, hat die Krankenkasse laut § 3 Abs. 2 „unverzüglich eine Bescheinigung über die Kostenübernahme“ auszustellen.

Wie jedoch die „Tatsachen glaubhaft“ gemacht werden können, wenn es in Abs. 5 zugleich heißt: „im gesamten Verfahren ist das Persönlichkeitsrecht der Frau unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Schwangerschaft zu achten“, dürfte das Geheimnis des Gesetzgebers bleiben.

Der AOK-Bundesverband in Bonn spricht daher vom „Nachvollziehen eines gesetzlichen Auftrags“. In einem „Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen“ (Fassung vom 1. Juli 2003) heißt es dazu unter Punkt 4.7: „Zur Ermittlung der für den Leistungsanspruch relevanten Einkünfte reicht eine glaubhafte Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse seitens der Schwangeren aus. Dies geschieht, indem die Frau ein – dem in der Anlage 4 beigefügten Musterfragebogen entsprechendes – Formular ausfüllt und unterzeichnet. Sofern auf Länderebene ein anderes Prüfungsformular vereinbart wurde, ist dieses zu verwenden.“

Im Grunde kann also jeder, der in der Lage ist, einen solchen Fragebogen halbwegs stimmig auszufüllen, mit der Erstattung der Kosten für die rechtswidrige vorgeburtliche Kindstötung durch den Steuerzahler rechnen.

 

III. Sonderfall Bayern

Einen gewissen Sonderstatus besitzt hier – neben Bremen – nur der Freistaat Bayern. Anders etwa als in Niedersachsen, wo 2002 in 96 Prozent und in Nordrhein-Westfalen in 94 Prozent der Fälle die Kosten für „rechtswidrige“, aber „straffreie“ Abtreibungen aus Landesmitteln erstattet wurden, scheint in Bayern noch eine gewisse Prüfung der Kostenerstattung an der Tagesordnung zu sein.

2001 erstattete das Land Bayern in 10.454 von 16.464 Fällen (63,5 %) Kosten von insgesamt rund 3,7 Millionen Euro.

 


 

Ausgewählte Literatur

Bundestagsdrucksache 15/1556

Stefan Rehder, Veronika Blasel: Staatsaufgabe Abtreibung. In: Lebensforum Nr. 68 (2003)

Manfred Spieker: Der Verleugnete Rechtsstaat. Anmerkungen zur Kultur des Todes in Europa. Paderborn 2005.

Manfred Spieker: Kirche und Abtreibung in Deutschland. Paderborn 2000.